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Mach dir die Wissenschaft des Glücks zu eigen.
Wonach sollten wir im Leben streben, um glücklich zu werden? Mehr Wissen? Unsterblicher Ruhm? Oder doch lieber Reichtum?
Seit Jahrhunderten befassen sich Denker mit dieser tiefgründigen und schwierigen Frage. Viele der klügsten Köpfe der Menschheitsgeschichte haben versucht, zu verstehen, was uns wirklich glücklich macht – und fast alle sind daran gescheitert.
Doch die moderne Wissenschaft bringt uns endlich der Antwort näher. Denn Psychologen haben inzwischen einige Faktoren entdeckt, die für unser Wohlbefinden unumgänglich sind.
Im Gegensatz zu Medikamenten bietet die Positive Psychologie langfristige Lösungen.
Viele Menschen sind heute auf der Suche nach einem glücklicheren Leben – und für viele von ihnen endet diese bei Antidepressiva.
Verschreibungspflichtige Medikamente sind mittlerweile die schnelle Lösung für alle, die mit psychischen Problemen zu kämpfen haben. Aber was unser allgemeines Wohlbefinden betrifft, schaden solche Medikamente langfristig oft mehr als sie nützen.
So haben unzählige Studien gezeigt, dass verschreibungspflichtige Medikamente meistens nur teilweise und vorübergehend wirksam sind. Antidepressiva wie Prozac, Zoloft und Lexapro haben zwar bei 65 Prozent der Patienten eine signifikante Wirkung – doch diese Zahl ist weniger beeindruckend, wenn man weiß, dass der Placebo-Effekt bei 55 Prozent der Patienten die gleiche Wirkung erzielt.
Eine Gruppe angesehener Psychologen und Psychiater verglich sechs solcher Antidepressiva-Studien. Was fanden sie heraus? Dass die Medikamente vor allem bei schweren Depressionen wirksam sind. Bei mittleren und leichten Fällen helfen sie hingegen kaum – jedoch brauchen auch solche Patienten Hilfe. Wie hilft man also jenen unglücklichen Menschen, denen Medikamente nichts bringen?
Die Antwort lautet: durch Positive Psychologie. Die Positive Psychologie ist ein wissenschaftlicher Ansatz, der sich mit der Steigerung von Glück, Wohlbefinden und Lebensfreude befasst. Mittlerweile haben Studien bewiesen, dass positive psychologische Behandlungen äußerst wirksam sind. So lernten Teilnehmer einer Studie eine Woche lang positive psychologische Übungen kennen, die sich auf Dankbarkeit und Freundlichkeit gegenüber Fremden konzentrierten. Und fast alle berichteten, dass sie sich nach dem Kurs weitaus glücklicher fühlten. Für einige Teilnehmer hielt dieser Effekt sogar bis zu sechs Monate lang an.
Positive Psychologie beschränkt sich nicht auf schwere Fälle oder die Bewältigung akuter psychischer Probleme. Jeder von uns kann im Alltag vom Ansatz der Positiven Psychologie profitieren – unabhängig vom allgemeinen Gemütszustand und individueller Lebenslage.
Es ist der wissenschaftliche Ansatz, der die Positive Psychologie so wirksam macht.
Sein eigenes Glück und Wohlbefinden steigern – das ist doch ein eindeutiges Ziel, oder? Versucht man aber, zu definieren, was Glück und Wohlbefinden wirklich bedeuten, wird die Sache gleich viel komplexer.
Selbst Philosophen haben sich mit der Frage nach dem Glück seit jeher schwergetan. So meinte Aristoteles, dass alle unsere Handlungen darauf abzielen, unser Glück zu maximieren. Nietzsche wiederum glaubte, dass all unserem Streben – auch nach Glück – bloßer Machthunger zugrunde liege. Freud hingegen war überzeugt, dass wir weniger nach Glück streben, als vor unseren Ängsten davonzulaufen.
Jede dieser Theorien hat also eine spezifische Vorstellung vom Glück. Trotzdem gelingt es keiner davon, das unglaublich komplexe Phänomen in all seinen Nuancen zu erfassen. Unser Glück, Wohlbefinden und unsere Lebensfreude lassen sich nicht auf ein paar einzelne Variablen reduzieren. Uns geht es eben nicht gut, weil das Wetter so schön ist oder wir uns frei fühlen. Stattdessen trägt dazu eine ganze Reihe wechselwirkender Faktoren bei, denen wir uns oft kaum bewusst sind.
Positive Psychologen suchen in diesem Wirrwarr an Faktoren nach messbaren wissenschaftlichen Variablen, um menschliches Glück und Wohlbefinden zu verstehen. Das ist keine leichte Aufgabe. In der Vergangenheit erwiesen sich viele Ansätze, um menschliches Wohlbefinden zu messen, als mangelhaft.
Gibt man nämlich Studienteilnehmern einen Fragebogen zu ihrer Lebenszufriedenheit, misst man nachweislich eher ihre aktuelle Stimmung als ihr grundlegendes Glücksniveau.
Hingegen nutzt die Positive Psychologie verlässliche Methoden. Mit psychologischen Tests, Längsschnittstudien und placebokontrollierten Experimenten erfasst sie die wahre Natur menschlichen Wohlbefindens. Durch ihren empirischen und innovativen Ansatz ist die Positive Psychologie heute fest im wissenschaftlichen Denken verankert. Und genau deshalb funktioniert sie.
Die fünf Säulen des Wohlbefindens sind positive Emotionen, Engagement, Sinn, Erfolg und soziale Beziehungen.
Wie definieren wir Wohlbefinden so, dass es sich objektiv bewerten lässt? Die Positive Psychologie hat dazu fünf Schlüsselelemente aufgedeckt, die alle eine entscheidende Rolle für unser Glücklichsein spielen.
Positive Emotionen, Engagement und Sinn sind die ersten drei Säulen unseres Wohlbefindens. Sie gelten schon lange als unerlässlich.
Die erste Säule, positive Emotionen, bezieht sich auf die großen Gefühle, die wir alle gerne verspüren: Freude, Vergnügen, Ekstase und so weiter. Erlebst du all diese Emotionen regelmäßig? Wenn ja, dann bist du dem guten Leben schon sehr nahe.
Engagement ist die zweite Säule: Sie hat etwas mit einer Erfahrung zu tun, die Psychologen heute Flow nennen. Kennst du den tranceartigen Zustand, wenn du völlig in eine Aufgabe vertieft bist? Dieser wird als Flow bezeichnet. Ob spielen, musizieren oder Sport treiben: Wenn du etwas tust, das du liebst, vergeht die Zeit oft wie im Flug – und du vergisst dabei dich selbst.
Nun kommen wir zu Säule Nummer drei, dem Sinn. Sie umfasst das Gefühl, dass die eigenen Tätigkeiten einem übergeordneten Ziel oder Prinzip folgen, an das man glaubt. Egal ob wir uns für soziale Gerechtigkeit, die Umwelt oder unsere Freunde einsetzen – wenn wir in unseren Aufgaben einen klaren Sinn erkennen, erfüllt uns das mit Stolz und Zufriedenheit.
Außerdem hat die Positive Psychologie zwei weitere Variablen identifiziert, die unser Glücksgefühl prägen: nämlich Erfolg und positive Beziehungen.
Die vierte Säule, Erfolg, bezieht sich auf das Gewinnen um des Gewinnens willen. Persönliche Erfolgserlebnisse sind ein entscheidender Faktor für unser Glück – egal ob im Job, bei unseren Hobbys oder in unserem Sozialleben. Wenn wir etwas erreichen, verstärkt das unser Wohlbefinden.
Besonders wichtig ist die fünfte und letzte Säule: positive Beziehungen. Sie beinhaltet ein abwechslungsreiches Sozialleben voller Menschen, die man liebt und denen man vertraut. Hast du enge Beziehungen zu anderen? Dann verfügst du über das beste natürliche Antidepressivum. Es ist eigentlich keine Überraschung, dass Menschen mit guten Freunden weitaus glücklichere Leben führen.
Die Positive Psychologie lehrt uns, unser Wohlbefinden zu steigern, indem wir diese fünf Variablen optimieren.
Kinder profitieren enorm von simplen Übungen der Positiven Psychologie.
Nun kennen wir also die fünf Säulen des Wohlbefindens. Je früher man sie ins eigene Leben integriert, desto größer sind die Chancen auf langfristiges Glück.
Selbst einfache Übungen der Positiven Psychologie können Kindern helfen, glückliche und erfüllte Erwachsenen zu werden. Nehmen wir die Drei schöne Dinge-Übung: Dabei sollen sich Schulkinder eine Woche lang vor dem Schlafengehen kurz Zeit nehmen, um drei Dinge zu notieren, die tagsüber schön waren oder gut liefen.
Dann sollen sie folgende Frage beantworten: „Warum ist diese gute Sache passiert?“ Egal ob sie im Unterricht aufmerksamer waren oder sich getraut haben, an einer Klassendiskussion teilzunehmen – diese einfache Übung zeigt, wie sich gute Entscheidungen in positive Erfahrungen verwandeln. Das wiederum motiviert Schüler, in der Zukunft mehr solcher Entscheidungen zu treffen.
Eine weitere grundlegende Übung der Positiven Psychologie ist die sogenannte Freundlichkeitsübung. Dabei überlegen sich die Kinder für den nächsten Tag eine nette Geste. Sie überraschen dann zum Beispiel die Oma mit einem Besuch oder überreichen einem Freund ein kleines Geschenk. Wichtig ist, dass die Kinder beobachten, wie sich das Ganze auf ihre Stimmung auswirkt. Diese Übung macht ihnen bewusst, wie kleine Nettigkeiten sie selbst und andere glücklich machen können.
Positive Psychologie funktioniert genauso für Jugendliche und ältere Schüler. Der Sport- und Kunstunterricht, aber auch andere Fächer bieten viele Gelegenheiten, um das positive Denken zu üben. Beispielsweise diskutieren die Englischlehrer am australischen Geelong-Gymnasium mithilfe von klassischen Texten Resilienz und Charakterstärke. King Lear, Shakespeares grausamste Tragödie, zu lesen, ist ziemlich deprimierend. Aber im Unterricht analysierten die Schüler die positiven Eigenschaften aller Hauptfiguren – selbst der Schurken – und lernen, dass Stärken sowohl eine gute als auch eine Schattenseite haben.
Solche und ähnliche Lehrstrategien waren bereits Gegenstand einiger Studien – mit großartigen Ergebnissen: Schüler einer Highschool, die an einer kontrollierten Studie zu positiven psychologischen Übungen teilnahmen, fühlten sich danach weniger depressiv. Außerdem waren sie motivierter und hatten weniger Verhaltensprobleme als ihre Altersgenossen. Der Autor selbst kann bezeugen, dass er von seinen Schülern und Studenten oft das beste Feedback zu seinen Übungen bekommt – manche bezeichnen sie sogar als lebensverändernd.
Es braucht mehr als einen hohen IQ, um erfolgreich zu sein.
Wir haben bereits gelernt, dass Erfolg eine wichtige Säule unseres Wohlbefindens ist. Aber wie lassen sich die Erfolgschancen einer Person sinnvoll messen? In der Vergangenheit haben Wissenschaftler oft IQ-Tests benutzt, um über die Intelligenz einer Person ihren Erfolg vorauszusagen. Aber dieses Messverfahren birgt einige Probleme.
Zum einen ignorieren IQ-Tests eine ganze Reihe von Charaktereigenschaften, die für persönlichen Erfolg entscheidend sind. Es gibt vier Eigenschaften, die man typischerweise mit erfolgreichen Menschen in Verbindung bringt: schnelles Denken, schnelles Lernen, die Fähigkeit, Aufgaben vorausschauend zu planen und zu revidieren, und ein angemessener Leistungseinsatz bei verschiedenen Tätigkeiten.
IQ-Tests legen großen Wert auf eine einzige dieser Eigenschaften: schnelles Denken. Deren Ergebnisse korrelieren deshalb meist gut mit jenen von Reaktionszeitübungen. Eine typische Reaktionszeitübung wäre diese: Die Probandin sitzt vor einer Tafel mit einem Licht, eines links und eines rechts. Sie soll den linken Knopf drücken, wenn das Licht Grün leuchtet, und den rechten Knopf, wenn das Licht Rot leuchtet – und zwar so schnell wie möglich. Je besser Probanden bei dieser Aufgabe abschneiden, desto besser schneiden sie in der Regel auch bei einem IQ-Test ab.
Doch die übrigen drei Erfolgsmerkmale werden bei typischen IQ-Tests nirgends abgefragt. Um die Erfolgschancen einer Person akkurat zu messen, musste man deshalb völlig neue Testansätze entwickeln, die alle vier erforderlichen Charaktereigenschaften berücksichtigen.
Die Psychologin Angela Duckworth hat einen solchen Testkomplex zur Selbstdisziplin entwickelt. Er umfasst die Impulsivitätsskala von Eysenck, einen Ja/Nein-Fragebogen zur Messung der Impulsivität. Bei der Selbstkontrollskala können Eltern und Lehrer eine Punktzahl von eins für maximal disziplinierte Kinder bis sieben für maximal impulsive Kinder vergeben. Ergänzend kommen Tests zum Belohnungsaufschub hinzu – diese messen, wie gut Kinder darin sind, eine unmittelbare Befriedigung zurückzustellen, um sich so größere Befriedigung in der Zukunft zu verschaffen.
Jene Schülerinnen und Schüler, die bei Duckworths Test gut abschnitten, hatten einen höheren Notendurchschnitt, bessere Testergebnisse und weniger Fehlzeiten – was auch ihre Erfolgschancen nach dem Schulabschluss erhöhte.
Reichtum und Wohlstand sind nicht das Gleiche.
Je reicher man ist, desto glücklicher muss man sein! Denn warum sollten sich ein luxuriöser Lebensstandard und ein Netzwerk aus erfolgreichen und wohlhabenden Freunden nicht positiv auf unser Wohlbefinden auswirken? Nun, aus vielen Gründen.
Vergleicht man das Bruttoinlandsprodukt verschiedener Länder mit dem allgemeinen Wohlstandsniveau, erkennt man zum Teil schockierende Diskrepanzen. Im Allgemeinen stehen das BIP eines Landes und die Lebenszufriedenheit seiner Bewohner in einem positiven Verhältnis zueinander. Doch eine genauere Untersuchung offenbart einige seltsame Anomalien.
So erzielen lateinamerikanische Länder weitaus bessere Ergebnisse bei der Lebenszufriedenheit, trotz niedrigerer Bruttoinlandsprodukte. Postkommunistische Länder hingegen verzeichnen zwar höhere BIPs, schneiden bei der Lebenszufriedenheit aber unterdurchschnittlich ab. Und die Lebenszufriedenheit in den USA hat sich seit 50 Jahren nicht verbessert, obwohl sich das BIP in dieser Zeit verdreifacht hat. Warum ist das so?
Diese Frage können wir beantworten, wenn wir uns einmal genauer anschauen, wie es berechnet wird. Das Bruttoinlandsprodukt ist lediglich ein Maß für die produzierten und konsumierten Güter und Dienstleistungen in einer Gesellschaft. Dabei ist es ganz egal, ob diese Produkte und Dienstleistungen das Wohlbefinden der Menschen steigern oder verringern. Ein sprunghafter Anstieg des Antidepressiva-Konsums führt beispielsweise dazu, dass mehr Menschen ihrer Arbeit produktiv nachgehen können. Und längere Arbeitswege erhöhen die Ausgaben für Reise und Transport. Beide Entwicklungen steigern das BIP, obwohl sie auf eine Verschlechterung der Lebensqualität hindeuten.
Der Reichtum, den das BIP misst, kann uns zwar mit materiellen Dingen und bequemen Dienstleistungen versorgen. Aber er allein erfüllt keine der fünf Säulen menschlichen Wohlbefindens. Positive Emotionen, Engagement, Sinn, Erfolg und soziale Beziehungen entstehen nicht ausschließlich durch Geld und Konsum. Im Gegenteil: Reichtum beeinflusst menschliche Beziehungen mitunter sogar negativ, da wir lernen, uns mehr auf Geld zu verlassen als aufeinander.
Daher solltest du materiellen Reichtum niemals über die eigentlich wichtigen Elemente deines Wohlbefindens stellen, in der Hoffnung, dass sie dem Geld schon folgen werden. So funktioniert das Glück einfach nicht.
Seit Jahrhunderten rätseln Menschen darüber, was ein glückliches und erfülltes Leben ausmacht. Heute ist sich die Wissenschaft sicher: Medikamente, Reichtum und ein hoher IQ sind es nicht. Die wahren Säulen unseres Wohlbefindens sind positive Emotionen, Engagement, Sinn, Erfolg und soziale Beziehungen. Einfache Übungen und Ansätze aus der Positiven Psychologie helfen, diese Säulen zu stärken und uns ein besseres Leben zu verschaffen.